Die schwere Reiterei: Die Ritter
 
Zuerst sei erwähnt, daß ab etwa 1300 nicht nur Ritter das Reiterheer stellten. Es wurden auch Waffenknechte entsprechend ausgerüstet. Ritter, Knappen und Kriegsknechte waren gleichermaßen beritten. Der Ritter führte jedoch die Knappen und Kriegsknechte in den Kampf und die Knechte waren auch oft qualitativ schlechter ausgerüstet und ausgebildet als der Ritter. Die Ritter stellten sicherlich immer noch die Elite der Reiterei. Jedoch ist nicht jeder Reiter in Rüstung automatisch ein Ritter gewesen. Wie man aus den vorangegangen Artikeln sieht war die Vorherrschaft des gepanzerten Reiters auf den Schlachtfeldern des 14. Jahrhunderts gebrochen. Damit war nun für die Ritter sogar ihre Legitimation als Kämpfer- / Herrscherelite in Gefahr und sie versuchten den neuen Gefahren mit verschiedenen Mitteln zu begegnen. Einmal wurden die gefährlichen Waffen geächtet und verboten, so wurde zum Beispiel die Benutzung der Armbrust und auch des Bogen mit dem Kirchenbann belegt (allerdings nur wenn man sie gegen Christen benutzte, gegen Heiden durfte sie durchaus verwendet werden). Aber wie heute auch hielt man sich nicht an solche Verbote und nutzte die effektiven Waffen weiter. Die Ritter gingen gegen die neue Gefahr mit größter Brutalität vor. Wurden z.B. in einer Schlacht Armbrustschützen gefangengenommen so wurden diese sofort hingemetzelt, andere Truppenteile lies man hingegen oftmals laufen und die gegnerischen Ritter wurden für Lösegeld gefangen genommen. Man versuchte sich auch gegen die Waffen besser zu schützen. Bis ca. 1300 waren Kettenhemd, Kettenhose und Kettenhaube (zusammen großer Haubert genannt) mit einem Topfhelm die Rüstung der Ritter. Da dies gegen Pfeile, Bolzen und lange Spieße keinen ausreichenden Schutz mehr bot, trug man nun zusätzlich noch Panzerplatten. Zuerst trug man über dem Kettengeflecht einzelne Plattenteile an Armen und Beinen und trug am Körper einen mit Metallplatten verstärkten Lederwams (der Platenrock oder Lentner). Nach und nach verband man die einzelnen Plattenteile durch Gelenke und Scharniere. Das Kettenzeug wurde nur noch an den nicht durch Metallplatten geschützten stellen getragen. Außerdem wurden die Plattenteile immer mehr abgerundet, um so Pfeile besser abgleiten zu lassen. So kam es im 14. Jahrhundert, daß innerhalb von ca. 100 Jahren die Entwicklung vom Kettenhemd geschützten Ritter hin zum Ritter in voller Plattenrüstung stattfand. Aber auch diese Aufrüstung (im wahrsten Sinne des Wortes) konnte den Niedergang des gepanzerten Reiters, damit auch den Niedergang des Rittertums, nicht aufhalten. Die Reiterei wurde "nur noch" zu einem Teil des Heeres neben dem Fußvolk und den Fernkämpfern. Allerdings sei zu erwähnen, daß es die gepanzerte Reiterei bis in das 20 Jahrhundert gab. Noch im ersten Weltkrieg ritten gepanzerte Reiter (Kürassiere) Angriffe gegen den Feind - in Polen ritten sogar noch 1939 leicht gepanzerte Reiter gegen Kampfpanzer an (mit entsprechendem Mißerfolg).
 
Andreas Zintzsch