Der schwarze Tod: Wendepunkt des Mittelalters
 
Von 1347 bis 1352 wütete die Pest in ganz Europa. Sie stellte einen wichtigen Wendepunkt in der sozialen und kulturellen Geschichte Europas dar. Die Pest wurde ursprünglich aus Asien eingeschleppt und ist eigentlich eine Krankheit von Nagetieren, die durch ein Bakterium ausgelöst wird. Durch Flöhe wurde die Krankheit von Ratten auf Menschen übertragen. Die Pest brach 1346 bei der Belagerung von Kaffa durch die Tataren des Khan Djam Bek aus. Kaffa war eine Handelskolonie von Genua im Schwarzen Meer auf der Krim. Die Tartaren schleuderten Ihre Pesttoten in die Stadt, so daß die Seuche sich auch in der Stadt verbreitete. Über die Handelswege gelangte die Pest nach Genua, Nord- und Süditalien, und von dort aus weiter über die Donau und die Alpen nach Deutschland, West- und Nordeuropa. Passau stand als Handelszentrum an der Donau und am Inn mit beiden Regionen in Verbindung, so daß die Pest hier bereits sehr früh (1348) ausbrach und sich von dort über Bayern verbreitete. Medizinisch stand man der Pest hilflos gegenüber. Bakterien, Erreger und Ursache waren unbekannt. Wanzen und Flöhe waren allgegenwärtig; Städte, Dörfer und Bauernhöfe litten unter Rattenplagen. Die hygienischen Zustände waren jämmerlich. So konnte sich das Bakterium über Ratten, Wanzen und Flöhe fast ungehindert ausbreiten. Da man im selben Bette schlief und sich den Badezuber teilte, teilte man auch die Wanzen und Flöhe. Mangelnde Hygiene verschlechterte das Immunsystem und förderte die weitere Verbreitung der Krankheit. Städte und Land waren überbevölkert und es gab häufig Missernten, was zu einer Unterernährung führte und damit den allgemeinen Gesundheitszustand und die Überlebenschancen bei der Pest weiter minderte. Da man glaubte, daß sich die Pest durch die Luft verbreitete, trugen die Ärzte und alle, die mit Pestkranken zu tun hatten, Gesichtsmasken, die eine Ansteckung verhindern sollten und man hüllte sich in dicke Kleidung. Pestkranke wurden isoliert, ja manchmal sogar in ihren Häusern eingemauert. Lebte in einem Haus, in dem die Pest gewütet hatte, niemand mehr, wurde es (soweit es der Feuerschutz der Städte erlaubte) niedergebrannt (selten jedoch mit noch lebenden Pestkranken darin). Je schlimmer die Pest wütete, desto drastischer wurden die Gegenmaßnahmen (welche aber auch nur bedingt halfen). Die Pesttoten wurden aus der Stadt geschafft und in große Gräber gelegt und eingekalkt oder verbrannt. Um die Verbreitung der Pest in der Luft zu verhindern, wurden überall Feuer mit nassem Holz entzündet und so die Stadt / das Dorf eingeräuchert. Manchmal starben so viele, daß nicht mehr genügend Leute zum Begraben der Leichen übrig waren. So roch es nach Verwesung, verbrannten Leichen und dem Rauch der Beräucherungsfeuer - der Hauch des Todes ...... War man an der Pest erkrankt, so konnten die Ärzte nicht mehr viel tun. Das Allheilmittel des Mittelalters – der Aderlass – schwächte den Patienten nur noch mehr und verschlechterte seine Überlebenschancen. Die meisten Erkrankten starben 3 Tage nach sichtbaren Ausbruch der Krankheit. Wer den dritten Tag überlebte, hatte gute Chancen, ganz zu überleben. Nur bei der Beulenpest half gelegentlich das Aufschneiden und Ausschaben der Beulen. Man geht davon aus, daß ca. 95% aller Erkrankten auch an der Pest starben. 25%-40% der gesamten Bevölkerung Deutschlands starben während der Jahre 1349/50, in denen die Pest im Reich wütete. Ganze Landstriche wurden entvölkert. Von den ca. 70 Millionen Einwohnern Europas wurden ca. 25. Millionen Opfer der Seuche. Man stand der Pest hilflos ausgeliefert gegenüber. Viele sahen in ihr die Strafe Gottes, die man mittels Gebeten oder in Sekten abzuwenden suchte. Eine dieser Gruppen waren die Flagellanten oder die Geißler, die sich selbst geißelten und schlugen, um dadurch den Zorn Gottes zu besänftigen. Eine Rückbesinnung auf die Religiosität und das Erstarken einiger Orden, die nach den Niederlagen der Kreuzzüge an Bedeutung verloren hatten, waren das Resultat. Andere wiederum suchten die Ursache bei den Randgruppen des Mittelalters, den Juden und Zigeunern. Man behauptete, sie vergifteten die Brunnen und seien so schuld an der Seuche. Es kam zu größeren Pogromen und Judenverfolgungen. Teilweise wurden ganze Judenviertel ausgelöscht. Wirtschaftlich war die Pest ein Fiasko und ein Gewinn zugleich. 1/3 der arbeitsfähigen Bevölkerung starb. Dadurch hatten die reicheren Bürger und Adeligen enorme Einbußen hinzunehmen. Allerdings wurde die Arbeitskraft eines einfachen Mannes dadurch mehr wert und so konnte die einfache Bevölkerung dadurch sicher profitieren. Es kam zu einer großen Abwanderung in die Städte – die Landbevölkerung suchte Schutz vor der Pest in der Stadt- so gelangte die Krankheit oft auch erst in die Städte. Auf dem Land kam es zur Verödung und Verwüstung ganzer Dörfer, die Städte hingegen gewannen an Bevölkerung, was einerseits Vorteile brachte, aber auch neue Spannungen bescherte. Die Abwanderung vom Land führte zu einem Preisverfall von Grund und Boden. Die Städte gewannen daher an Bedeutung. Als die Pestepidemie zu Ende war, atmete das Land auf, und ein neues Lebensgefühl breitete sich aus. Vorher war man in seine Arbeit vertieft und hoffte auf ein besseres Leben im Jenseits. Nun war man ständig vom Geruch des Todes umgeben und musste mit Todesangst leben. So breitete sich nach dem Ende der Epidemie bei den Überlebenden eine ungeahnte Lebensfreude in allen Klassen der Gesellschaft und allen Bereichen des Lebens aus. Man hatte die Pest überlebt! Waren die Städte vor und während der Pest überfüllt, so gab es nun wieder Platz. Ganze Familien waren ausgestorben, doch deren Besitz fand schnell neue Eigentümer. Die Arbeitskraft des Bauern war wertvoller geworden, gab es doch nicht mehr so viele. Man hatte mehr Platz und kam zu mehr Besitz und man hatte eine der größten Plagen der Menschheit überlebt. Diese Lebensfreude drückte sich vor allem in der Mode aus, die enganliegender, körperbetonter und bunter wurde. Man gönnte sich teurere Stoffe und Farben und wurde extravaganter. Ebenso wurde die Kunst und die Kultur durch dieses neue Lebensgefühl beflügelt. Die Bauten wurden aufwendiger und reicher verziert (Spätgotik). Setzt man das Ende des Hochmittelalters mit dem Tode Friedrich II. 1250 n.Chr. gleich, so ist doch die Krönung Karls IV. 1346 und die Jahre der Pest 1347-1352 als großer politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Wendepunkt des Spätmittelalters im Heiligen Römischen Reich anzusehen. Übrigens gibt es heutzutage immer wieder noch Fälle von Pest, obwohl sie schon des öfteren für ausgerottet erklärt wurde (zuletzt 1994 in Indien). Allerdings betragen heute die Heilchancen durch Antibiotika bei rechtzeitiger Erkennung bis zu 99%, außerdem gibt es vorbeugende Impfungen. Hier ein paar weitere Links zum Thema Pest: Eine gute schulische Arbeit zur Pest: Die großen Seuchen Pest und Pocken Allgemeiner Abriss der Pest: Die Pest, der schwarze Tod Die Pest in Wels / Oberösterreich: Tagebuchauszug eines Welser Bürgers
 
Andreas Zintzsch